Ein viel zitierter Spruch im Zusammenhang mit der Geldanlage besagt, man solle gutes Geld schlechtem Geld niemals hinterherwerfen. Damit ist gemeint, Anleger sollten sich davor hüten, bei Aktien oder Zertifikaten, die im Minus notieren, nachzukaufen, nur um den Einstandspreis zu verbilligen. Vielmehr gilt es, Verluste strikt zu begrenzen. Nur so läuft man nicht Gefahr, einen Großteil des Börsenkapitals - dabei handelt es sich um das Geld, das zur Anlage an der Börse zur Verfügung steht - zu verlieren. Erinnern wir uns: Ein Verlust von 10% lässt sich mit einem Gewinn von 11% ausgleichen. Wer jedoch erst einmal die Hälfte des Börsenkapitals verloren hat, muss den verbliebenen Teil verdoppeln, nur um das Ausgangsniveau wieder zu erreichen.
Gewinnpositionen aufstocken
Anstatt den Einstandskurs zu verbilligen, kann es vielmehr sinnvoll sein, genau das Gegenteil davon zu tun, also Positionen, die im Gewinn notieren, weiter aufzustocken. Dabei können Sie sich ein Beispiel an den alten Ägyptern nehmen und Depot-Positionen nach dem Prinzip einer Pyramide aufbauen.
Um ein Investment stufenweise aufzustocken, kann z.B. folgendermaßen vorgegangen werden: Zunächst wird eine Position eröffnet, also eine gewisse Anzahl an Aktien oder Zertifikaten gekauft. Diese 1. Position bildet gewissermaßen das Fundament der Pyramide, der investierte Betrag ist bei dieser Position am größten. Wie hoch die anfängliche Stückzahl der Aktien oder Zertifikate ist, hängt von dem zur Verfügung stehenden Börsenkapital und dem Risiko ab, das mit einer Position maximal eingegangen werden soll. Detaillierte Informationen zur Positionsgrößenbestimmung und dem Money Management können Sie im Beitrag „Money Management – gewusst wie!“ nachlesen.
Wenn die 1. Position in den Gewinn läuft, wird nach diesem Ansatz der Stop-Loss auf den Break-Even nachgezogen, um das anfängliche Verlustrisiko zu reduzieren. Der Break-Even ist der Punkt, an dem das Investment weder einen Verlust noch einen Gewinn abwirft. In der Regel entspricht der Break-Even dem Niveau des Einstandskurses. Zusätzlich zum Nachziehen des Stop-Loss wird das Investment aufgestockt, um stärker an der Entwicklung der Aktie oder des Zertifikats teilzuhaben. Dabei wird für die Aufstockung, sprich: den Kauf der 2. Position, nur noch die Hälfte des ursprünglichen Betrags investiert. Der Stop-Loss für die 2. Position liegt auf demselben Kursniveau wie der Stop-Loss für die 1. Position.
Stößt das Investment weiter in die Gewinnzone vor, wird der Aufstockungsvorgang wiederholt. Der Stop-Loss für die ersten beiden Positionen wird angehoben und eine 3. Position erworben. Der investierte Betrag der 3. Position entspricht wiederum der Hälfte des in die 2. Position investierten Betrags. Der Stop-Loss für alle 3 Positionen liegt ebenfalls wieder auf demselben Kursniveau.
Tipps zum Pyramidenbauen
Theoretisch kann die Prozedur der Positionsaufstockung beliebig fortgesetzt werden. Da jedoch der Anlagebetrag immer kleiner wird, bei jeder Aufstockung aber auch Kosten anfallen, ist es in der Regel sinnvoll, sich auf zwei Aufstockungen zu beschränken.
Die Vorzüge, ein Investment schrittweise aufzubauen, bestehen darin, am Anfang mit einem geringeren Risiko einzusteigen, als wenn die gesamte Summe des Investments mit einem Mal investiert wird. Zudem wird bei diesem Pyramidisieren durch das Nachziehen des Stop-Loss das Verlustrisiko des Investments mit jeder Aufstockung reduziert und gleichzeitig die Renditechance durch den steigenden Kapitaleinsatz erhöht. Zu den möglichen Risiken im Zusammenhang mit dem Stop-Loss zählen eine etwaige Schlechtausführung (Verkauf zu einem Preis, der deutlich unter der Stop-Loss-Marke liegt) und das Wiederanlagerisiko (Geld kann nur zu schlechteren Konditionen wieder anlegt werden). Darüber hinaus sollten Sie auch die Kosten im Blick behalten, die beim Verkauf infolge eines ausgelösten Stop-Loss anfallen.
Wichtig ist beim Pyramidisieren, dass der Stop-Loss konsequent nachgezogen wird, sobald die Positionen ca. 10% im Gewinn notieren. Sollte es nach der Aufstockung zu einer unerwarteten Entwicklung in die Gegenrichtung kommen, müssen die Stopps konsequent umgesetzt werden, um etwaige Verluste zu reduzieren. Ansonsten kann ein Mangel an Disziplin aufgrund des erhöhten Kapitaleinsatzes zu entsprechend erhöhten Verlusten führen. Es kann daher sinnvoll sein, die Stop-Loss-Order immer direkt im Anschluss an die Ausführung der Kauforder zu platzieren.
Ein Beispielszenario
Zum Abschluss soll folgendes Beispielszenario ein mögliches Vorgehen beim Aufstocken eines Investments veranschaulichen. Dabei bleiben Gebühren und eine etwaige Schlechtausführung des Stop-Loss unberücksichtigt.
Ausgehend von einem Börsenkapital in Höhe von 100.000 Euro sollen Aktien eines Unternehmens zum Preis von 100 Euro mit einem Stop-Loss bei 90 Euro erworben werden. Das Risiko der Position soll 1% des Börsenkapitals, also 1.000 Euro nicht überschreiten (1% von 100.000 Euro = 1.000 Euro). Bei einem anfänglichen Risiko von 10 Euro (Kaufkurs - Stop-Loss = anfängliches Risiko; 100 Euro - 90 Euro = 10 Euro) können somit 100 Aktien im Wert von 10.000 Euro erworben werden (1.000 Euro / 10 Euro = 100).
Steigen die Aktien nach dem Kauf, wird der Stop-Loss auf das Niveau des Einstandspreises der 1. Position angehoben. Die Aktien sollten dafür ca. 10% im Gewinn notieren. In unserem Beispiel steigen die Aktien auf 110 Euro. Der Stop-Loss wird dann auf 100 Euro angehoben. Zugleich wird eine zweite Position zu 110 Euro gekauft, deren Stop-Loss ebenfalls bei 100 Euro liegt. Da bei der 2. Position nur noch die Hälfte des Betrags der 1. Position investiert wird, können 45 Stück (5.000 Euro / 110 Euro = 45,45) erworben werden. Insgesamt sind dann 14.950 Euro investiert, das Risiko ist jedoch auf 450 Euro gesunken. Das Risiko besteht nur noch aus dem Verlustrisiko der 2. Position (45 x 10 Euro = 450 Euro), da der Stop-Loss für die 1. Position auf dem Niveau des Einstandskurses (Break-Even) liegt.
Legt der Kurs der Aktien weiter zu, kann die Vorgehensweise wiederholt und das Investment um eine 3. Position aufgestockt werden. Bezogen auf unser Beispiel würde bei einem Kursanstieg auf 120 Euro der Stop-Loss für die 1. und 2. Position auf 110 Euro angehoben. Zudem wird eine 3. Position zu 120 Euro gekauft, deren Stop-Loss ebenfalls bei 110 Euro liegt. Da bei der 3. Position wiederum nur noch die Hälfte des Betrags der 2. Position investiert wird (rund 2.500 Euro), können noch 20 Stück (2.500 Euro / 120 Euro = 20,83) erworben werden. Insgesamt sind dann 17.350 Euro investiert. Gleichzeitig sinkt das Risiko auf 200 Euro und besteht nur noch aus dem Verlustrisiko der 3. Position (20 x 10 Euro = 200 Euro). Sollte der Stop-Loss bei 110 Euro ausgelöst werden, würde die 2. Position ohne Verlust und ohne Gewinn ausgestoppt, die 1. Position würde einen Gewinn von 2.000 Euro abwerfen.
Bei einem fortgesetzten Anstieg der Aktie auf 130 Euro wird der Stop-Loss für alle 3 Positionen auf 120 Euro angehoben werden. Sollte es anschließend zum Auslösen des Stop-Loss kommen, würden die ersten beiden Positionen mit Gewinn und die 3. Position ohne Gewinn, aber auch ohne Verlust ausgestoppt werden.
Beispielhafte Entwicklung eines Investments mit Pyramidisieren
Quelle: menthamedia
Beispiel für das Aufstocken eines Investments durch Pyramidisieren
Quelle: menthamedia
Eine ausführliche Erläuterung der genannten Fachbegriffe finden Sie in unserem Glossar.
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