Die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit sollte bei der Geldanlage keinesfalls vernachlässigt werden. Denn was nützen die besten Hilfsmittel und theoretisches Wissen, wenn einem die eigene Psyche in der Praxis einen Strich durch die Rechnung macht?
Jeder Mensch ist verschieden. Dies spiegelt sich nicht nur in unterschiedlichen Präferenzen hinsichtlich der Renditeerwartung und der Risikobereitschaft bei einem Investment wider. Auch die Art, wie an ein Investment herangegangen wird, ist unterschiedlich und hängt oftmals auch mit der eigenen Persönlichkeit zusammen. Sich über die eigene Persönlichkeit im Klaren zu sein, ist bei der Geldanlage von Vorteil, denn oftmals sind die verschiedenen Anlegertypen anfällig für bestimmte Schwächen, die man, sofern man mit ihnen vertraut ist, vermeiden kann. Zum anderen geht es auch darum, zu klären, ob eher ein konservativer oder spekulativer Anlagestil verfolgt wird, folglich also um die Risikobereitschaft. Stellen Sie sich also selbst einmal die Frage: „Welcher Anlegertyp bin ich?“
Aus dem Blickwinkel der verhaltensorientierten Kapitalmarktforschung lassen sich grob drei Typen von Anlegern unterscheiden: der Bauchmensch, der Herzmensch und der Kopfmensch. Jeder der drei Typen ist aufgrund seiner Charakteristik für bestimmte Fehler bei der Geldanlage anfällig.
Entscheiden Sie aus dem Bauch heraus?
Bauchmenschen verlassen sich bei ihren Anlageentscheidungen auf ihren Instinkt. Sie entscheiden intuitiv, aus dem Bauch heraus und haben einen eher kurzfristigen Anlagehorizont. Um eine spontane Handelsentscheidung treffen zu können, müssen Sachverhalte, z.B. potenziell marktbewegende Nachrichten oder Unternehmens-News, sehr schnell erfasst werden. Komplexere Sachverhalte werden dabei sehr stark vereinfacht, um sie schneller zu erfassen. Dieses Vorgehen birgt jedoch das Risiko, relevante Details zu übersehen oder Informationen falsch zu gewichten.
Schnelles Handeln kann zudem in ein planloses Vorgehen ausarten, bei dem man leicht den Überblick über die bestehenden Depot-Positionen und den Grund für den Kauf verliert. Daher läuft der Bauchmensch auch Gefahr, sich zu stark am Einstandspreis - als der am schnellsten verfügbaren Information - zu orientieren. Dies kann in dem Bestreben, ein Investment mit Gewinn abschließen zu wollen, jedoch dazu führen, dass an Verlusten zu lange festgehalten wird und Gewinne zu früh mitgenommen (sichergestellt) werden.
Die Bereitschaft, jederzeit handeln zu können, suggeriert dem Bauchmenschen gleichzeitig ein gewisses Kontrollempfinden, das leicht zu einer Kontrollillusion und der Überschätzung der eigenen Möglichkeiten führen kann. Denn eines ist sicher: Der Markt lässt sich nicht kontrollieren. Kontrollieren lässt sich aber das Risiko der Depot-Positionen, indem z.B. bereits bei Eingehung der zugrundeliegenden Geschäfte eine Stop-Loss-Order erteilt wird.
Sind Sie mit dem Herzen bei der Sache?
Im Gegensatz zum Bauchmenschen trifft der Herzmensch Handelsentscheidungen selten allein. Er ist emotional und bevorzugt den Austausch mit anderen. Dabei verfolgt er eher einen mittelfristigen Anlagehorizont. Sein starkes Harmoniebedürfnis birgt jedoch die Gefahr, Argumenten, die sein Handeln bestätigen, ein zu hohes Gewicht zu verleihen und negative Nachrichten zu verdrängen. Daraus resultiert ein erhöhtes Risiko, sich in ein Wertpapier zu „verlieben“. Treten bei diesem Wertpapier Verluste auf, wird unter Umständen zu lange daran festgehalten, anstatt die Verluste konsequent zu begrenzen und sich diszipliniert von dem Wertpapier zu trennen.
Grundsätzlich muss der Herzmensch darauf achten, sich nicht zu stark von Gefühlen wie Gier oder Angst leiten zu lassen, da diese seine Handelsentscheidungen negativ beeinflussen können. Zudem sollte der Herzmensch beim Informationsaustausch mit Freunden oder am Stammtisch darauf achten, Tipps nicht blind zu folgen, um nicht dem Herdentrieb zu erliegen.
Kontrollieren Sie Ihre Emotionen und handeln rational?
Gefühle versucht der Kopfmensch, so gut es geht, zu vermeiden. Er ist bestrebt, bei der Geldanlage sachlich vorzugehen und rationale Handelsentscheidungen zu treffen. Und doch ist es auch die Angst vor einem Kontrollverlust, die ihn dazu veranlasst, im Vorfeld eines Investments so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen und sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Ein Vorgehen, das viel Zeit in Anspruch nimmt. Daher verfolgen Kopfmenschen auch eher einen längerfristigen Anlagehorizont.
Im Gegensatz zum Bauchmensch gibt sich der Kopfmensch nicht der Illusion hin, stets die Kontrolle zu haben. Doch genau dieses Wissen kann ihn in seinem Handeln zögern lassen oder lähmen. Dies äußert sich darin, dass er mit einer Entscheidung zu lange wartet oder potenziell aussichtsreiche Investments erst gar nicht tätigt. Die damit einhergehende geringe Anzahl an Transaktionen birgt wiederum die Gefahr, an einmal eingegangenen Positionen, die im Vorfeld ausführlich geprüft wurden, im Verlustfall zu lange festzuhalten.
Nun ist jeder Mensch verschieden und besitzt Charakterzüge, die sowohl zu dem einen als auch einem anderen der beschriebenen Anlegertypen passen. Doch das Ziel der Selbstreflexion besteht gar nicht in der eindeutigen Zuordnung zu einem Typen. Vielmehr geht es darum, persönliche Schwächen und die Anfälligkeit für bestimmte Fehler im Vorfeld zu erkennen und ein Bewusstsein für mögliche verhaltensorientierte Fehlerquellen zu entwickeln, denen man als Mensch bei der Geldanlage ausgesetzt ist. Mit eiserner Disziplin können Sie den meisten davon begegnen.
Anlegerprofil entsprechend der Risikobereitschaft
Darüber hinaus ist die Frage nach dem Anlegertyp immer auch eng mit der Frage nach der individuellen Risikobereitschaft und der Renditeerwartung verknüpft. Hier ist es besonders wichtig, dass Sie ehrlich zu sich selbst sind, denn die Beantwortung dieser Frage hat Einfluss darauf, welche Investments für Sie infrage kommen. Und ein Anleger, der eine moderate Rendite bei einem überschaubaren Risiko erzielen möchte, würde mit einem Hebelprodukt auf einen volatilen Basiswert unter Umständen Adrenalinkicks verspüren, auf die er gern verzichtet hätte.
Die persönliche Risikobereitschaft ist somit ein entscheidender Punkt, wenn es bei der Umsetzung der Anlageentscheidung um die Auswahl des geeigneten Produkts geht.
Eine ausführliche Erläuterung der genannten Fachbegriffe finden Sie in unserem Glossar.
Bleiben Sie auf dem Laufenden
Abonnieren Sie unseren Newsletter
Jede Woche gibt es die dzbank-wertpapiere-Newsletter für angemeldete Nutzer per E-Mail direkt auf Ihren Bildschirm: das Neueste zum Marktgeschehen an den internationalen Börsenplätzen mit Markt- und DAX-Analysen, einem speziellen Strategieteil und der Knowhow-Rubrik Börsenwissen.