Volatilität ist ein zentraler Begriff an den Finanzmärkten und beschreibt die Stärke der Preisschwankungen von Wertpapieren wie Aktien, Indizes, Anleihen, Währungen und Rohstoffen. Definiert ist die Volatilität als Standardabweichung der Veränderungen der Tagesrenditen über eine bestimmte Periode – hochgerechnet auf ein Jahr (annualisiert). Für Anleger ist es entscheidend, Volatilität nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance zu verstehen. Eine differenzierte Betrachtung zwischen historischer und impliziter Volatilität hilft dabei, das Marktgeschehen besser einzuschätzen.
Historische Volatilität: der Blick zurück
Man unterscheidet zwischen der historischen und der impliziten Volatilität. Die historische Volatilität misst die Preisschwankungen in der Vergangenheit und gibt damit Aufschluss über die Preisfluktuationen eines bestimmten Finanzproduktes in einem festgelegten Zeitraum (z.B. 30 Tage oder 1 Jahr). Mit der Betrachtung der historischen Volatilität eines bestimmten Basiswertes haben Sie ein Hilfsmittel an der Hand, mit dem Sie dessen Risiko einschätzen können. Vereinfacht gilt dabei: Je höher der Wert der Volatilität, desto höher das Risiko von größeren Kursausschlägen.
Anhaltspunkt für künftige Schwankungsbreite
Zwar lassen sich aus den historischen Daten keine Rückschlüsse über künftige Bewegungen ableiten, allerdings haben Sie damit einen Anhaltspunkt, um die künftige Schwankungsintensität des entsprechenden Finanzproduktes zu bewerten. Basiswerte mit hoher historischer Volatilität, die starken Kursschwankungen ausgesetzt sind, eignen sich für aktive Trading-Strategien. Anleger sollten sich dabei allerdings des größeren Risikos bewusst sein, dem Sie bei Basiswerten mit hohen Kursschwankungen ausgesetzt sind. Basiswerte mit geringerer Schwankungsbreite sind hingegen für langfristige Investmentstrategien attraktiv, da sie keine großen Kursbewegungen erfordern und eine stabilere Entwicklung versprechen. Beispiele sind Anlagen in defensiv ausgestaltete Aktienanleihen, bei denen der Basispreis deutlich unterhalb des aktuellen Kursniveaus des Basiswerts liegt, oder Discount-Zertifikate, die einen hohen Abschlag zum aktuellen Kurs des Basiswerts aufweisen. Das heißt allerdings nicht, dass Basiswerte mit einer niedrigen historischen Volatilität in Zukunft nicht stärker schwanken können. Zugleich kann eine niedrige Volatilität auf einen stabilen Aufwärtstrend des jeweiligen Basiswerts hinweisen.
Schwankungsintensität von Basiswerten
Im Jahr 2025 hat der deutsche Leitindex DAX beispielsweise erneut seine Schwankungsanfälligkeit demonstriert. Konnte Mitte März noch ein lokales Maximum bei 23.480 Punkten markiert werden, so gab es anschließend bis zum 07. April einen temporären Abverkauf bis auf 18.807 Punkte. Die annualisierte Volatilität des DAX lag dabei in den letzten fünf Jahren bei rund 18,10 %, was die Dynamik des Marktes unterstreicht. Auf Sicht von einem Jahr wurde gemäß den Daten vom 12. September 2025 wiederum eine annualisierte Volatilität in Höhe von 17,75 % ausgewiesen.
Die Volatilität der DAX-Basiswerte im Jahr 2025 zeigt wiederum, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen gibt. Generell weisen Unternehmen mit starken Wachstumsaussichten oder solchen, die von spezifischen, kurzfristigen Marktereignissen beeinflusst werden, eine höhere Volatilität auf. Im Gegensatz dazu zeigen etablierte, dividendenstarke Konzerne oft eine geringere Schwankungsbreite. Konkret zählen demnach auf Basis der bis September 2025 verfügbaren Daten Rheinmetall, Commerzbank und Siemens Energy zu den volatilsten Titeln im DAX. Indexvertreter mit geringerer Volatilität sind hingegen Allianz, Deutsche Börse oder Henkel.
Angaben über die Volatilität eines bestimmten Basiswertes finden Sie auf dzbank-wertpapiere.de im entsprechenden Steckbrief. Navigieren Sie dazu in der Fundamentalanalyse von „TheScreener“ auf die dritte Seite. Dort finden Sie auch den sogenannten Value at Risk (VaR), der im Finanzwesen als Standard zur Bestimmung, Steuerung und Überwachung von Risiken weit verbreitet ist. Bei der Berechnung fließt die historische Volatilität mit ein.
Implizite Volatilität
Neben der historischen Volatilität gibt es die implizite Volatilität. Sie dient als Maß für die aktuell am Markt erwartete Schwankungsbreite für die nächsten Tage, in der Regel 30 Tage. Abgeleitet wird die implizite Volatilität aus den am Markt tatsächlich gehandelten Optionen auf die jeweiligen Basiswerte. In diesen realen Optionspreisen, die am Markt durch Angebot und Nachfrage gebildet werden, stecken die realen Erwartungen der Marktteilnehmer und damit auch Emotionen wie Angst und Gier. Nicht umsonst werden Volatilitätsindizes wie der VSTOXX für den EURO STOXX 50, der VDAX-NEW für den DAX oder der VIX für den S&P 500 als „Angstbarometer“ bezeichnet.
Um dies zu verdeutlichen, kann sich der Blick auf den VDAX-NEW im Jahr 2025 lohnen. Im April ist er infolge der Unsicherheit über die US-Zollpolitik unter der neuen Präsidentschaft zeitweise auf über 44 Punkte angestiegen. Dieser extreme Anstieg spiegelt die erhöhte Angst und Nervosität der Marktteilnehmer wider. Anschließend kam es wieder zu einer Beruhigung. Hierdurch hat sich der VDAX-NEW im September 2025 auf rund 15,5 Punkte eingependelt. Diese Dynamik verdeutlicht, wie politische und geopolitische Ereignisse in kürzester Zeit die Markterwartungen verändern können.
Fallende Aktienkurse = steigende implizite Volatilität
Volatilitätsindizes geben Aufschluss über die aktuelle implizite Volatilität. Ihre Beobachtung kann Ihnen dabei helfen, Rückschlüsse auf die Verfassung der jeweiligen Märkte zu ziehen. So können Extremwerte auf der Unterseite Anhaltspunkte für eine übermäßige Sorglosigkeit sein, während Extremwerte auf der Oberseite Angst, ja sogar Panik signalisieren können. Diese Interpretation hat folgenden Hintergrund: Vereinfacht ausgedrückt führt eine sinkende Nachfrage nach Optionen zu Absicherungszwecken zu niedrigeren Optionspreisen und damit tendenziell zu einer sinkenden impliziten Volatilität. Auf der anderen Seite führt ein steigender Absicherungsbedarf zu höheren Optionspreisen und damit zu einer steigenden impliziten Volatilität.
Am Aktienmarkt gibt es dabei einen grundsätzlichen Zusammenhang. Steigen die Kurse, sinkt in der Regel die implizite Volatilität. Umgekehrt kommt es in Phasen größerer Korrekturen zu deutlich anziehenden impliziten Volatilitäten. Dieses am Aktienmarkt zu beobachtende Wechselspiel trifft jedoch nicht auf alle Anlageklassen zu. Beispielsweise können Rohstoffe wie Gold oder Erdöl steigende implizite Volatilitäten sowohl in Phasen fallender als auch in Phasen steigender Kurse aufweisen, wenn die entsprechenden Bewegungen dynamisch ausfallen.
Implizite Volatilität bei der Produktauswahl beachten
Der Blick auf die impliziten Volatilitäten hilft Anlegern nicht nur bei der Einschätzung der Verfassung des Marktes, sondern auch bei der Auswahl der entsprechenden Produkttypen. Denn bei einigen Wertpapieren spielt die implizite Volatilität eine große Rolle bei der Berechnung der Preise. Beispielsweise sind Optionsscheine umso günstiger, je geringer die implizite Volatilität ist. Zieht die implizite Volatilität an, verteuern sich die Produkte. Erfahrene Trader können mit Optionsscheinen daher in Phasen niedriger impliziter Volatilitäten entweder auf steigende Volatilitäten spekulieren oder Optionsscheine zu Absicherungszwecken einsetzen.
Der Erwerb anderer Produkte ist wiederum vorteilhaft in Phasen von hohen impliziten Volatilitäten. Dazu gehören beispielsweise Discount-Zertifikate und Aktienanleihen. Solche Produkte zu kaufen, wenn die impliziten Volatilitäten Extremwerte am unteren Ende aufweisen, ist dagegen wenig sinnvoll, weil daraus eine erhöhte Wahrscheinlichkeit resultiert, dass die impliziten Volatilitäten wieder anziehen, was sich negativ auf die Preisentwicklung des entsprechenden Produktes auswirken kann. Ferner gibt es Produkte, auf deren Preisberechnung die implizite Volatilität nahezu keinen Einfluss hat. Dazu gehören Knock-Out-Produkte wie Turbo-Zertifikate und Mini-Futures.
Eine ausführliche Erläuterung der genannten Fachbegriffe finden Sie in unserem Glossar.
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