WIESBADEN (dpa-AFX) - In der Debatte um eine mögliche Übernahme der Commerzbank <DE000CBK1001> durch die italienische Großbank Unicredit <IT0005239360> hat sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hinter das deutsche Geldhaus gestellt. "Ich teile die Ansicht des Bundesministers der Finanzen, dass ein unabgestimmtes und unfreundliches Vorgehen wie das der UniCredit Group nicht akzeptabel ist", schrieb Merz an den Vorsitzenden des Commerzbank-Konzernbetriebsrates, Sascha Uebel.
"Das gilt besonders, wenn es sich um eine systemrelevante Bank wie die Commerzbank AG handelt", hieß es in dem Brief, den Uebel über das Netzwerk LinkedIn veröffentlichte. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dankte dem Kanzler für das Schreiben.
An der Börse kamen die Neuigkeiten schlecht an: Die Commerzbank-Aktie verlor nach den Nachrichten um die Mittagszeit zeitweise rund drei Prozent an Wert. Zuletzt lag sie am Nachmittag noch mit rund anderthalb Prozent im Minus bei 27,63 Euro und gehörte damit zu den schwächsten Titeln im Dax <DE0008469008>. Allerdings hat das Papier seit dem Jahreswechsel noch rund 75 Prozent an Wert gewonnen.
Die Bundesregierung setze auf eine starke und eigenständige Commerzbank und nehme Befürchtungen hinsichtlich der Eigenständigkeit sowie der Zukunft des Wirtschafts- und Finanzstandortes Deutschland sehr ernst, versicherte Merz. Man begrüße die von der Bank bekanntgegebenen ambitionierten Ziele, "auch und besonders im Interesse der Belegschaft". Das Ergebnis der Bank für das erste Quartal spreche für eine erfolgreiche Entwicklung.
Merz: Klingbeil verfolgt weitere Entwicklung eng
Noch liege die Beteiligung der Unicredit an der Commerzbank unterhalb der Schwelle, ab der sie ein Übernahmeangebot unterbreiten müsste. "Der zuständige Bundesminister der Finanzen, Lars Klingbeil, verfolgt die weitere Entwicklung eng und wird mich über wesentliche Änderungen informieren", betonte Merz.
Ministerpräsident Rhein dankte dem Kanzler für sein "klares Bekenntnis zur Eigenständigkeit der Commerzbank AG und zu unserem deutschen Finanzplatz Frankfurt am Main." Merz habe sehr deutlich gemacht, dass eine feindliche Übernahme durch die Unicredit deutschen Interessen widerspreche, so der hessische Regierungschef. "Die Commerzbank ist eines unserer Flaggschiffe und als wichtiger Finanzierer des Mittelstandes von strategischer Bedeutung."
Großer Widerstand gegen Übernahmepläne in Deutschland
Die Unicredit hatte im September den Teilausstieg des Bundes bei der seit der Finanzkrise 2008/2009 teilverstaatlichten Commerzbank genutzt und war im großen Stil bei Deutschlands zweitgrößter Privatbank eingestiegen, an der der Bund noch gut zwölf Prozent hält. Unicredit-Chef Andrea Orcel wirbt dafür, die Commerzbank zu einem Teil des italienischen Finanzkonzerns zu machen.
Ob eine Übernahme tatsächlich kommt, ist angesichts großer Widerstände in Deutschland ungewiss. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet für diesen Fall einen "Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen in Deutschland" - sowohl bei der Commerzbank als auch bei der Unicredit-Tochter Hypovereinsbank.
Bereits im Mai hatte Bundesfinanzminister Klingbeil (SPD) bekräftigt, dass die Commerzbank aus Sicht der Bundesregierung als systemrelevante Bank eigenständig bleiben sollte./csc/DP/stw